Berlin, 28.03.2025. Mit großem Interesse haben wir im Bundesverband für Immobilienverrentung (BVIV) die aktuelle Veröffentlichung des Sachverständigenrats für Verbraucherfragen zum Thema „Verbraucherschutz bei Teilverkäufen von Immobilien“ zur Kenntnis genommen. Als Interessenvertretung eines wachsenden, innovativen Marktsegments bedanken wir uns ausdrücklich für die Auseinandersetzung mit diesem Thema und möchten die Gelegenheit nutzen, eine Reihe von Punkten zu ergänzen, einzuordnen und auf bestehende Missverständnisse hinzuweisen.
Unser Anliegen ist es nicht, Kritik pauschal zurückzuweisen, sondern den Diskurs zu versachlichen und einen konstruktiven Dialog mit Ihnen als unabhängiges Beratungsgremium der Bundesregierung anzustoßen. Gerade im Bereich der finanziellen Daseinsvorsorge im Alter braucht es differenzierte, faire und realitätsnahe Debatten.
Teilverkauf als junges, aber relevantes Modell
Der Immobilien-Teilverkauf ist ein vergleichsweise junges Modell innerhalb der Immobilienverrentung, das in den letzten Jahren an Relevanz gewonnen hat – nicht zuletzt deshalb, weil es für bestimmte Personengruppen eine Lösung bietet, um im Alter Liquidität zu schaffen, ohne das Eigenheim vollständig aufgeben zu müssen.
Seit dem Jahr 2020 wurden rund 5.000 professionelle Transaktionen im Teilverkaufs-Bereich durchgeführt. Bemerkenswert ist dabei: Bis heute ist dem BVIV kein einziger Fall bekannt geworden, in dem sich ein Kunde nach Vertragsabschluss bei einer Aufsichtsbehörde oder Verbraucherzentrale über die konkrete Ausgestaltung eines Teilverkaufs beschwert hat. Die Rückmeldungen der Verbraucherzentralen beruhen primär auf der Beratung potenzieller Kund:innen – also Menschen, die sich im Vorfeld informieren, jedoch keinen Vertrag abgeschlossen haben.
Auch bei der Verbraucherschutzministerkonferenz gab es nach unserem Kenntnisstand keine Hinweise auf konkrete Eingaben oder Beschwerden von betroffenen Verbraucher:innen. Umso mehr überrascht uns, dass ohne belegbare Problemlage ein Gutachten in Auftrag gegeben wurde – und dies durch Autor:innen, die sich in der Vergangenheit wiederholt kritisch zum Modell positioniert haben. Wir hätten uns hier eine breitere wissenschaftliche Perspektive gewünscht, auch um ausgewogene und differenzierte Handlungsempfehlungen abzuleiten.
Gleichzeitig möchten wir betonen: Der Teilverkauf ersetzt nicht andere Modelle, sondern füllt eine Lücke. Er ist oftmals der einzige Weg für Eigentümer:innen, in ihrer Immobilie zu bleiben und trotzdem Liquidität zu gewinnen – etwa für altersgerechte Umbauten, Pflegekosten oder zur Unterstützung von Angehörigen. Der Teilverkauf verhindert in vielen Fällen einen Gesamtverkauf unter Zeitdruck.
Ein zentrales Fundament des Policy Briefs ist das Rechtsgutachten von Prof. Gsell und Prof. Artz. Dessen Aussagen möchten wir inhaltlich ergänzen und in Teilen kritisch hinterfragen:
a) Transparenz und Informationslage
Die Behauptung, aktuelle Teilverkaufsmodelle seien mit erheblichen Informationsdefiziten behaftet, trifft nicht auf die Anbieter zu, die sich dem BVIV angeschlossen haben. Unsere Mitglieder haben verbindliche Mindeststandards etabliert, die unter anderem umfassen:
- Detaillierte Aufklärung in einem mehrstufigen Beratungsprozess (digital, telefonisch, persönlich),
- Mehrfache Nennung aller Kostenbestandteile, sowohl in relativen als auch absoluten Zahlen,
- Beispielrechnungen, die die Auswirkungen der Zukunft versuchen abzubilden. Zudem wird auch mehrfach auf die Auswirkungen der so genannten Wertsicherungsklausel eingegangen. Bei Anbietern im BVIV werden sind Beispielrechnungen zur Wertsicherungsklausel sogar Bestandteil des Anhangs im notariellen Vertrag – inklusive Vorlesung durch den Notar,
- Bereitstellung der Vertragsunterlagen deutlich vor dem Notartermin und deutlich vor der gesetzlichen Mindestfrist.
Die Darstellung, Verbraucher:innen würden „Verträge unterzeichnen, ohne über langfristige Folgen informiert zu sein“, entspricht aus unserer Sicht nicht der gelebten Praxis unserer Mitglieder. Die hohe Beratungsqualität der Anbieter, die im BVIV vereint sind, ist systemimmanent beim Immobilien-Teilverkauf. Alleine schon aus Eigeninteresse: Fälle von zahlungsunfähigen Kunden würden das Produkt und dessen Reputation nachhaltig schädigen.
b) Motivation beim Gesamtverkauf
Die Vermutung im Gutachten, Teilkäufer hätten kein Interesse an einem hochwertigen Gesamtverkauf, halten wir für eine unzulässige Verallgemeinerung. In nahezu allen Fällen erfolgt der spätere Gesamtverkauf der teilangekauften Immobilien über externe, unabhängige Immobilienmakler, die durch marktübliche Provisionsmodelle motiviert sind, einen möglichst hohen Verkaufspreis zu erzielen. Die Vertragswerke beim Abschluss des Teilverkaufs enthalten zudem klare Regelungen zum Verkaufsprozess (z. B. gemeinsames Gutachten, Zustimmungspflichten, Preisuntergrenzen) der gesamten Immobilie zu einem späteren Zeitpunkt.
Die Empfehlungen des SVRV – Einschätzungen und Angebote
a) Rechtsrahmen & Klassifizierung
Der Teilverkauf wurde nach intensiver Prüfung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bewusst als Immobilientransaktion eingestuft und nicht als Darlehen klassifiziert. In enger Abstimmung mit der Aufsicht wurden Kriterien in die Verträge der Teilverkaufs-Anbieter eingearbeitet, die den Unterschied zum Darlehen betonen (unter anderem eine stärkere Betonung der Eigentümerverantwortung durch den Teilkäufer). Eine nachträgliche Umklassifizierung würde weitreichende negative Folgen für bestehende Verträge und Finanzierungsmodelle haben – etwa bei der Prolongation von Refinanzierungen. Wir warnen ausdrücklich vor einem solchen Schritt ohne intensive Marktanalyse und Rücksichtnahme auf bestehende Rechtsverhältnisse.
b) Kreditwürdigkeitsprüfung
Die Einführung einer gesetzlich verpflichtenden Kreditwürdigkeitsprüfung ist aus unserer Sicht nicht sinnvoll, da sie auf ein Modell angewandt würde, das gerade kein Darlehen darstellt. Dennoch werden Interessent:innen bereits heute umfassend hinsichtlich ihrer finanziellen Tragfähigkeit beraten. Wir sind offen für einen Dialog über praxisnahe Mindeststandards.
c) Vertragsentwürfe & Transparenz
Die Forderung, Vertragsunterlagen frühzeitig bereitzustellen, ist bereits heute gelebte Praxis bei unseren Mitgliedern. In vielen Fällen erhalten Interessent:innen die Unterlagen mehrere Wochen vor dem Notartermin. Wir arbeiten an einer zeitnahen Lösung, die die Forderung des SVRV deutlich übertreffen wird.
d) Beispielrechnungen
Diese Empfehlung sehen wir als Verband für sehr sinnvoll an und wird von den Mitgliedsunternehmen getragen. Es wird eine Beispielrechnung geben für eine Muster-Immobilie, die drei Szenarien durchrechnet. Veröffentlicht wird diese Beispielrechnung künftig auf den Anbieter-Webseiten – verbunden mit dem Hinweis, dass die Anbieter in Regionen, bei denen erwartet wird, dass Immobilien 20 Prozent abwerten (höchstwahrscheinlich) generell nicht ankaufen.
e) Effektivzins & Vergleichbarkeit
Da der Teilverkauf kein Kreditprodukt ist, ist der Effektivzins nicht anwendbar. Wir begrüßen jedoch die Idee, durch standardisierte Beispielrechnungen eine vergleichbare Darstellung der jährlichen Kosten zu ermöglichen – und werden die Erstellung der Gesamtkosten p.a. umsetzen.
e) Verschwiegenheitsklauseln
Diese finden sich bei unseren Mitgliedsunternehmen schon lange nicht mehr in den Verträgen und sind auch nicht gelebte Praxis. Der BVIV wird Verschwiegenheitsklauseln auch in einer überarbeiteten Fassung des Code of Conduct nochmals ausdrücklich ausschließen.
Ausblick – Lösungen für eine alternde Gesellschaft
Der Immobilien-Teilverkauf ist kein Modell für die breite Masse – das wissen wir. Unsere Erhebungen zeigen, dass aktuell nur rund 4 % der über 55-jährigen Immobilieneigentümer:innen eine Immobilienverrentung aktiv in Betracht ziehen. Und dennoch: In einer Gesellschaft, in der immer mehr Menschen „cash poor, asset rich“ sind, also über Vermögenswerte, aber geringe laufende Einkommen verfügen, braucht es mehr denn je intelligente, transparente und faire Finanzlösungen.
Der Teilverkauf wird beispielsweise häufig genutzt, um Pflegekosten für Angehörige zu decken – oft dann, wenn staatliche oder eigene Mittel nicht greifen oder nicht ausreichen. Es ist damit auch eine (einkommensunabhängige) finanzielle Hilfe für Kinder, die ihre Eltern pflegen (lassen) müssen. Es geht also nicht um Luxusfinanzierung, sondern um Lebensrealitäten.
Alle BVIV-Mitglieder haben in den vergangenen 18 Monaten erhebliche Fortschritte im Sinne von Transparenz, Aufklärung und Fairness erzielt – in enger Abstimmung mit verschiedenen Stakeholder-Organisationen. Wir verstehen uns als seriöser, dialogbereiter Partner – und laden Sie herzlich dazu ein, mit uns gemeinsam in den kontinuierlichen Austausch zu gehen und gemeinsam Verbesserungen zu erarbeiten, die Vertrauen schaffen und Verbraucher:innen in die Lage versetzen, selbstbestimmt und informiert zu entscheiden.
Über den BVIV
Die relevanten Anbieter von Immobilienverrentungsmodellen haben sich im Juni 2023 im Bundesverband Immobilienverrentung e.V. (BVIV) zusammengeschlossen. Ziel des Verbandes mit Sitz in Berlin ist es, den Markt für Immobilienverrentungsprodukte für Verbraucher:innen transparenter zu gestalten und die ältere Kundengruppe der Immobilieneigentümer durch verbindliche Standards zu schützen. Der BVIV deckt die am Markt etablierten Immobilienverrentungsmodelle (Leibrente, Nießbrauch, Rückmietung, Seniorenkredit sowie Teilverkauf) ab. Die Mitgliedsunternehmen des BVIV sind EV LiquidHome GmbH, Hausvorteil, Heimkapital GmbH, Stiftung Liebenau, vobahome GmbH (ein Unternehmen der Vereinigte Volksbank Raiffeisenbank eG), Wertfaktor GmbH sowie die Wohnwert AG. Mehr Informationen unter: www.bv-immobilienverrentung.de
Pressekontakt:
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